AktuellesWaltraud Klasnic zu den aktuellen EntwicklungenIn den letzten Tagen und Wochen nahm Opferschutzanwältin Waltraud Klasnic immer wieder zu den aktuellen Entwicklungen rund um die Konferenz der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen unter Vorsitz von Papst Franziskus in Rom zum Thema Missbrauch und Kinderschutz, aber auch zum Gespräch von Kardinal Schönborn mit Doris Wagner, die den Missbrauch von Nonnen aufzeigte, Stellung. So in der TV-Sendung „Im Zentrum“ mit Sr. Beatrix Mayrhofer, Peter Schipka, Gregor Henckel-Donnersmark, Monika Prettenthaler und Andreas R. Batlogg und in der Ö1-Hörfunksendung „Klartext“ (mehr dazu). Ihre grundsätzliche Position und die der Opferschutzkommission legte sie auch in einem Interview dar, das wir in der Folge wiedergeben. Weitere Informationen zum „Missbrauchsgipfel“ finden Sie insbesondere unter www.kathpress.at, etwa hier. Klasnic: Absoluter Vorrang für Menschenwürde und Opferschutz 1. Frau Klasnic, wie sieht die Zwischenbilanz Ihrer Arbeit aus? Die Unabhängige Opferschutzkommission konnte seit ihrer Konstituierung im Frühjahr 2010 rund 2000 positive Entscheidungen im Interesse von Opfern treffen. Die beschlossenen finanziellen und therapeutischen Hilfeleistungen sind im Wert von über 27 Millionen Euro. Mehr als 83 Prozent der an uns herangetragenen Vorfälle ereigneten sich in den 1950er bis 1970er Jahren, sind also strafrechtlich verjährt. Für uns besonders wichtig ist - unabhängig von den staatlichen Rechtsinstanzen -, dass die kirchlichen Verantwortlichen sich mit beschuldigten Priestern und Ordensangehörigen befassen, diese für ihre Untaten sanktionieren und alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, die sicherstellen, dass diese Personen soweit irgendmöglich nicht noch weitere Untaten begehen. Hier haben die kirchlichen Oberen, also Diözesanbischöfe und Ordensleiter, eine besondere Verantwortung, auf die die Opferschutzkommission und speziell die Opferschutzanwältin immer wieder entschieden hinweisen. Entscheidend ist, dass die notwendigen Maßnahmen gesetzt werden, die in der Beantwortung der vorigen Frage skizziert wurden. Es ist aus unserer Sicht nicht so sehr eine Frage des Rechts, sondern der notwendigen konsequenten Anwendung des Rechts - die 2010 von der Österreichischen Bischofskonferenz erstmals erlassene Rahmenordnung „Die Wahrheit wird Euch frei machen“ (Download unter www.ombudsstellen.at) bietet hierfür eine sehr gute Grundlage. Das Recht muss gelebt und dort, wo erforderlich, weiterentwickelt werden. 3. Können Sie nachvollziehen, dass in der Öffentlichkeit oft der Eindruck, die Kirche schützt die Täter mehr als die Opfer, entstanden ist? Ja, bis zum Jahr 2010, als vor allem in Deutschland und Österreich die Mauer des Schweigens durch alarmierende Medienberichte über gravierende Missbrauchsfälle durchbrochen wurde, herrschte weithin eine Unkultur des Wegschauens, Vertuschens und Verharmlosens. Das trifft für Österreich seit Frühjahr 2010, also seit der Initiative von Kardinal Schönborn und der Einrichtung der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft und Kommission nicht mehr zu. Es hat in Österreich sicherlich ein Kulturwandel vom Täter- zum Opferschutz eingesetzt. Meldungen über die teilweise skandalöse Vorgangsweise in anderen Ländern und Kontinenten führen aber leider immer wieder dazu, dass manche glauben, die Situation in Österreich sei auch noch so wie dort. Das muss Ansporn zu weiteren glaubwürdigen, ernsthaften und wirksamen Anstrengungen sein. 4. Was ist das Ziel der Initiativen der Opferschutzanwaltschaft? Wirksame Hilfe für alle Betroffenen, Aufarbeitung der Fälle, konsequente Maßnahmen gegenüber Tätern und vor allem die Prävention müssen weiter im Mittelpunkt stehen. Die öffentliche Diskussion ist ein steter Weckruf und trägt zur unbedingt notwendigen weiteren Sensibilisierung bei. Die Einrichtung der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft in Österreich 2010 war ein international beispielgebender Schritt für die Kirche und wurde mit dem „Entschädigungsmodell“ und dem Arbeits- und Entscheidungsmodus unserer Kommission Modell für viele staatliche Einrichtungen, insbesondere in der Bundeshauptstadt und den Bundesländern. Ich bin jedem einzelnen Mitglied unserer Kommission für die ehrenamtliche Arbeit, die mit großer Gewissenhaftigkeit, Kompetenz und Opferzentriertheit geleistet wird, überaus dankbar. Im Kampf gegen Missbrauch und Gewalt kann und darf es keinen Schlussstrich und kein Erlahmen geben. Opferschutz und Menschenwürde müssen absoluten Vorrang haben.
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